Sonntag, 3. Mai 2009

„Teller von Tunsel“ mutiert zum „Scharfrichter von Staufen“

Nachdem Sebaschdler seine Grippe leider nicht rechtzeitig niederringen konnte, musste sich L’Express Souplesse nun also mit drei Mannen gegen die frisch dazugekaufte Freiburger Söldnertruppe um Francesco del Ponte stemmen. Del Ponte hielt es nicht einmal für nötig, seine langen, weißen Unterhosen abzulegen, die er unter der Radlerhose trug. Hatte er seine Handlanger doch mit Bedacht ausgewählt: Eine schöne Blonde wurde aufgeboten, die Expressler zu verwirren, ein absoluter Gourmet-Helfer ließ sie ehrfürchtig erstarren und zu dem jungen Mann, der mit Stahlrahmen und 21er „Rettungsring“ humorlos in die Berge strahlte, viel den Buben von Tuniberg und Rammert gar nichts mehr ein.
So ging es dann mit Sonne in den Speichen und leicht mulmigem Gefühl zügig durch die Tunseler Ebenen um nach einer Einrollphase von 40 km abrupt den „Teller“ Richtung Süden zu verlassen und auf die Strecke des „Scharfrichters von Staufen“ zu wechseln.
Um es kurz zu machen: Was dann folgte, war ein einziges Gemetzel. Schon an der ersten Bergwertung des Tages wurde M60% in aufreibende Scharmützel mit der Blonden verstrickt und der „21erRitzelkönig“ konnte nur auf Distanz gehalten werden, weil dieser Del Ponte kurz vorm Gipfel das Rad überlassen musste. Beta und der Herr Rijöh zu diesem Zeitpunkt noch frisch vorne in der Kopfgruppe vertreten.
Das kleine Grüppchen, das sich anschließend in die Abfahrt warf wurde dermaßen von kalten Fallwinden zerfleddert, dass nur die drei eisenharten Männer des Express das wärmende Tal von Schönau erreichten. Die ausgemergelte Söldnertruppe war da bereits so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war. Langjähriger L-Carnitin-Missbrauch hatte alle Widerstandskräfte gegen Wetterumschwünge geraubt. Die strammen Burschen des Express stapften mit frischem Überlegenheitsgefühl und frohen Mutes der nächsten Herausforderung entgegen: Dem Belchen. Jeden Meter Geländegewinn ließ dieser Gigant des Südschwarzwaldes sich zäh und teuer abringen. Rijöh, zur Steigerung des Trainingsreizes kurzfristig von drei- auf zweifach Kettenblatt umgestiegen mit kräftigem Tritt voraus, M60% (er kennt seit Jahren keine Trainingsphilosophie jenseits von 39-26, und beseelt von Leigedanken wie „wer 3-fach braucht, soll besser unten bleiben“) schwankend einige Meter hinterher. Dazwischen, bzw. leichtfüssig von hinten nach vorne und wieder zurück – springend, Beta. Bereits zu diesem Zeitpunkt trat seine prächtige Verfassung klar zu Tage, die es ihm ermöglichte, die beiden Kameraden anregend zu unterhalten, geologischen Studien zu treiben und die schöne Natur zu loben! Kleine Irritationen dann an der Talstation der Belchen-Seilbahn, als ein von Kopf bis Fuß besudelter und völlig verwirrter junger Mann die Fahrbahn kreuzte, der jedoch von Jean-Maries vorpreschendem Renault flugs die Böschung hinab gedrängt werden konnte!
Die drei Helden unaufhaltsam weiter dem Dach der Welt entgegen. Murenabgänge, Schneewände, Schmelzwasser, Dunstschwaden….Älpler am Weg intonieren die „Bergvagabunden“.…weiterstampfen... wieder Schnee, Wasser, Dunst….weiterstampfen, immer höher….und dann oben. Über allem, Leichtigkeit, Stille und Freiheit.
Auf der Abfahrt wieder junge Männer, im Irrsinn, liegen am Weg, stürzen über Böschungen, klettern, kämpfen, krabbeln.
Beta führt aus dem Tal hinaus, ganz leichtes Gefälle, 50km/h. Er bringt uns zurück ins Licht, in die Wärme, zu einer Tanke. Cola und Schokolade. Die Beine schmerzen im Stehen, alle sind glücklich.
Dann ins Finale. Beta bekommt die Zügel frei, fliegt dem Gipfel entgegen. Rijöh mit verschäftem Krafttraining in 12% Steigung, M60% trennt längst Körper und Geist. Vom Geiersnest ins Katzental, heimwärts durch liebliche Landschaft im weichen Abendlicht. Tachocheck in Mengen: 143km, 3011HM, 6h 07min. Schön wars, aber irgendwie nicht tellerflach.

8 Kommentare:

betablocker hat gesagt…

Herrlicher Bericht! Fast genauso schön wie die Runde selbst. Vielen Dank nochmal für die Einladung und die Tourenführung.

Amselwade hat gesagt…

na das hört sich doch prächtig an!

Auch wenn der TvT jetzt zum SvS mutiert ist, sollten wir doch die Wertung festhalten, damit die angetretenden Helden die Punkte auf Ihr Konto gutgeschrieben begkommen.

Dem Bericht entnehme ich, dass Beta der Sieg zuzuornen ist und er somit das Leadertrikot von mir überreicht bekommt. (Rijöh hat sich ja eins gekauft ;-))

Wir sehen uns...

Herr Rijöh hat gesagt…

...wer es nicht in den beinen hat mußte sich den ruhm eben schon immer erkaufen.
nee im ernst, unglaubliche tour für den 1.mai. war schon ganz großer radsport. vor allem wenn man die lockerheit der freiburger recken am ersten berg betrachtet. die machen da witze während ich mit puls 175 nicht ganz so locker mitfahre. 39-26 (am vorabend noch mühevoll von 23 aufgestockt) sind aber wirklich nix für so mtb-kurbler. es ging vor allem am letzten berg ums nackte überleben. ins gedächtnis gefressen hat sich allerdings der letzte teil des anstieges auf den belchen wo uns gladiatoren der landstrasse rechts und links die reste des strengen winters begrüßten und ein gewisses "giro-d'italia-bergankunft
-am-kronplatz-gefühl" aufkam. wirklich super. beeindruckende leistung im übrigen von beta. der ist wirklich auf zack und in shape. chapeau auch an unseren organisator bjarne. mit einem kurzfristigen 4wöchigen formaufbau bringt sich dieser altgediente radsportrecke doch tatsächlich in form für diese tour. eine heldengeschichte. natürlich konnte beta am finalen anstieg nur deshalb so locker wegziehen, da bjarne uns den vortritt ließ und ich meine kräfte für mein erstes xc-rennen der karriere am sonntag schonen mußte. isklaroder...

dieses rennen sollte dann nach einer lockeren kaffeefahrt am samstag (kaffee und kuchen auf dem weg nach breisach - einmal in/über den rhein gespuckt und zurück) am sonntag in hausach stattfinden. Ein gesonderter rennbericht wird im laufe des heutigen abends (wahrscheinlich) auf dieser seite zu finden sein. vorab aber schonmal: freut euch auf die pulskurve! sehr hübsch.

jetzt aber noch ein riesiges dankeschön an bjarne und karin für die gastfreundschaft, die wie immer alle erwartungen übertraf!!!! ich hoffe ihr seid bereit für mehr, denn mit xc in freiburg, xc in obermünstertal und vogesen schau ich dieses jahr dann wohl doch noch ein paar mal vorbei...

Papa Pain hat gesagt…

Was ein Reisebericht. Goethe hätte es auf dem Weg nach Italien nicht besser niederschreiben können. M60%, du solltest Schriftsteller werden!

SebastianJP hat gesagt…

Sounds fuckin' great, mähn.

@Riöh: isglar schreibt Mann mit 'g'! Isglaroder?!

Herr Rijöh hat gesagt…

sorry, rechdsverschreibung war noch nie meine schdärge... ehgloar!

betreff rennbericht: hab unerwartet arbeit auf den tisch bekommen (lährbrobe). wird also nachgereicht...

Monsieur60% hat gesagt…

Merci beaucoup für die Blumen und die Danksagungen!

@Herrn Rijöh: Viel Glück und Erfolg für die abschließende Hürde, bevor Dir die Radsportglück bedingenden Ressourcen Geld und Zeit lebenslang zur Verfügung stehen!

@Radler mit Stihl: wenn der Breisgau Deine Arena ist, wo wohnste denn? Ist das Zwecks gemeinsamer Wochenendeausfahrten zu weit weg von Bad Krozingen? Und wird Dein Knie denn wieder heil?

Radler mit Stihl hat gesagt…

Lieber Monsieur,

mit Freuden, voller Neid und einem Grinsen habe ich ihren Bericht gelesen und die eine oder andere Stelle aus letztjährigen Ausfahrten wiedererkannt.
Bin in Lörrach heimisch und Ausfahrten in den Schwarzwald nicht abgeneigt.
Hab allerdings noch 2 Wochen absolutes Sportverbot... und dann mal schaun. Ich meld mich dann.