Montag, 26. Mai 2008

GAP 2008 – Laktatorgie über 4h 41min

Als ich am Samstag eine SMS erhalte, wurde die für das kommende Unternehmen veranschlagte Dynamik bereits in der Anfrage klar zum Ausdruck gebracht. So wird die erste Anfragewelle – Frage: Wir fahren kurzentschlossen zum Marathon nach Garmisch. Lust mitzukommen? Antwort: NEIN – einfach übergangen in dem schon gleich mit der eigentlichen Überredungsphase angefragt wurde – Wir fahren kurzentschlossen zum Marathon nach Garmisch, jetzt komm halt mit!!

Sämtliche Ausreden wie z.B. die Lange Anfahrtszeit stünde in keinem Verhältnis zur Länge der sportlichen Aktivität werden mit der Offenbarung die lange Strecke zu fahren ebenso vom Tisch gefegt wie der Vorwand ich müsse mal wieder ein Wochenende mit meiner Frau verbringen weil gerade die in das Überedensgesäusel von Staigerboy mit einstimmt. Zu dem Zeitpunkt ahne ich noch nicht wie sehr ich die Worte „ ja gut von mir aus“ am nächsten Tag bedauern werde.

Noch schnell die dicken Reifen drauf und in weißer Voraussicht den bequemen Sattel montiert, geht es kurze Zeit später noch relativ entspannt in Richtung Alpen. Anmeldung am Vorabend bis 19:00 Uhr haben wir direkt verpasst und können uns daher sofort um die Quartiersuche kümmern. Eine Empfehlung bringt uns direkt in den Werdenfelser Hof und glaubt mir schon der ist eine abendfüllende Geschichte wert, die ich Euch an dieser Stelle ersparen möchte.

Ich versuche mir den Druck für den nächsten Tag etwas zu minimieren indem ich schon am Abend die Staigerboys dazu animiere für sich vorne weg zu fahren und mich alleine zurück zu lassen. „Wir machen nicht Ernst. Wir fahren gemütlich zusammen und nur so zum Spaß“ war die Reaktion vom Staigerboyseniorchef. GENAU!!!! Glaubt dem kein Wort!!

Da das Frühstück um 6.00 Uhr geplant ist beginnen wir bereits am 5.30 Uhr mit den präcompititionalen Vorbereitungen und klatschen uns am Eingang zum Etagenklo ab. Bis zur Startaufstellung schaffe ich tatsächlich 4x groß und ca. 8x klein (Ihr wisst schon was ich meine).

Wie vermutet nimmt das Drama dann sofort nach dem Start um 8.15 Uhr seinen Lauf. GEMÜTLICH drücken wir die ersten Wellen im Windschatten der Spitzengruppe mit ca. 35 Km/h weg. Es geht in herrlicher Landschaft und fast genial schmalem Weg hoch um den Eibsee und wieder zurück nach Garmisch. „Gefühlter“ Schnitt nach den ersten 30 Km ca. 40 Km/h. Kurz quer durch die Stadt, einmal rechts ab, höre ich den Seniorchef sagen „Die schicken uns jetzt aber nicht diese sausteile Rampe hoch?“ Irgendwo von hinten kommt ein entschlossenes „doch!“ Es wird kurz in der Gruppe diskutiert was uns erwartet. Ergebnis: 550 Hm mit 28% Steigung auf den letzten 50 Hm. Kein Witz! Der Typ neben mir denkt vermutlich sein Rahmen bricht, als er den Knall hört wo ich mich bei Km 40 eins-eins gegen die Wand fahr. Zu dem Zeitpunkt bin ich fest entschlossen abzukürzen. Die Staigerboys hingegen fahren sich inzwischen einen komfortablen Pinkelpausenvorsprung heraus.

Oben wieder vereint, geht es in eine herrliche hochalpine Trailabfahrt die einen den harten Aufstieg fast vergessen lässt. Ähnlich wie Val Mora – das muss ich Euch übrigens mal zeigen. Leider kommt die Erinnerung an den ersten Anstieg bei den darauf folgenden, im Höhenprofil fast untergehenden, 400 Hm schneller zurück als mir lieb ist und die Beinchen werden direkt wieder zu Gummi. Staigers möllern weiterhin scheinbar unbeeindruckt in die Pedale.

Am nächsten Anstieg zum Wamberger Sattel spenden die Zuschauer jedem Applaus der noch fährt. Wasweisichwieviel Steigungsprozent zwingen jeden in den ersten Gang und als es nach einer Kurve tatsächlich noch mal einen Zacken Steiler wird, löst die Tatsache dass alle anderen auch absteigen ein wahres Glücksgefühl aus. Nur soviel: Schieben ist nicht immer entspannt. Oben zittern mir beide Amselwaden wie Wackelpudding. Egal oben!

Es folgt eine sauschnelle Abfahrt auf einer Schotterautobahn am Bachbett entlang. Da die Staigerboys –vermutlich aus konditionellen Gründen – mit Starrgabeln unterwegs sind, kommt in einer Rechtskurve auf was ich schon lange warte. Der Senior driftet elegant über beide Räder zur Kurvenaußenseite bis er an dem kleinen Schotterwall am Wegesrand ankommt, ausgehebelt wird und den Abhang runter fliegt. Noch im Flug kommt schon die Entwarnung „Nix passiert, weiter geht’s“. Psycho!

Vom letzten Anstieg bekomm ich nicht mehr viel mit.
Der Senior ist bis auf den aufgeschlagenen Ellenbogen noch fit. Staigerboy hat inzwischen aber auch Gummibeine und ruft nach 15 Min eins-eins „Ich fahr fünf, ich fass es nicht“ Gemeint sind 5 Km/h, die an dieser Stelle nicht locker zu erreichen sind. Wenn er das nächste Mal behauptet er hätte sein kleines Blatt noch nie benutzt, wisst Ihr es jetzt besser. Auf der finalen Abfahrt über die Skipiste runter bekomme ich noch kurz Gänsehaut beim Gedanken an die beiden mit Ihren Starrgabeln. Den Gedanken erfolgreich verdrängt fahr ich mir das erste Mal an diesem Tag einen erwähnenswerten Vorsprung heraus.

Unten, wieder den Express komplettiert blasen wir mit den letzten Körnern und beachtlichem Tempo zum Ziel.
49 Minuten Rückstand auf den Sieger!?! Alle voll bis oben hin.

Was ein Tag und das nur so zum Spaß!!!

PS: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.

5 Kommentare:

staigerboy hat gesagt…

Das war jeden Cent wert.
Nächstes Jahr belegen wir das Zimmer komplett (7 Betten!)...

staigerboy hat gesagt…

Ich hab nicht geschwitzt. Das war Kondens.

Mrs.Weinerlich hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Mrs.Weinerlich hat gesagt…

Seit geraumer Zeit erfreuen uns die Berichte aus der talentierten Feder der Berichterstatter und (natürlich) Power-Pedaleure, Amselwade und Dräner!

Ihre stets überaus witzigen sehr informativen Artikel verkürzen und versüßen so manch zähen Arbeitstag
*Dafür DANKE!*



Und wieder ist es gelungen, die treuen Leser zu überraschen und zu begeistern!


Mit welch extremem Witz und großer Eloquenz wird hier über sportliche Dramen geschrieben, die die Radwelt so noch nicht erlebt hat....das treibt jedem Leser vor Lachen Pipi in die Augen..

Zu erwähnen wäre auch noch die Anzahl von Anglizismen aus dem Radsport, da haben wir uns schon oft die Frage gestellt ob die Skribenten diese nonlingualen Vokalben nicht auf ein Minimum reduzieren können….., aber, es ist ihnen doch immer wieder gelungen ihre Termini sehr altrustisch und mit sehr viel Empathie an die „nicht“ Fachwelt weiterzugeben :-))


Eure Treuen Leser danken Euch und hoffen auf weitere Berichte

Amselwade hat gesagt…

..super, ich versteh kein Wort!
Ach hätt ich nur Abi gmacht

Aber schön, dass sich auch mal Jemand aus der Fankurve meldet.